Frau in Kriegerhaltung

Die Heldenreise

Kriegerhaltungen als Herausforderung

Das Motiv der «Heldenreise» findet sich in vielen Mythologien auf der ganzen Welt. Es ist ein Motiv, das tief in der menschlichen Psyche verwurzelt ist und sich auf viele menschliche Erfahrungen übertragen lässt, die mit Unsicherheiten, Schwierigkeiten und Herausforderungen zu tun haben. In diesem Sinne ist die Heldenreise ein (Seelen-) Bild für einen Prozess der Entwicklung und der Selbsterfahrung. Im Yoga sind es die Kriegerhaltungen, die an die Herausforderungen des Lebens erinnern und die Kraft heraufbeschwören, die nötig ist, um gut durch den Alltag und das Leben zu kommen.

Der Mythenforscher Joseph Campbell beschäftigte sich seit den 1940 er Jahren intensiv damit, Mythen aus ganz verschiedenen Gegenden der Welt miteinander zu vergleichen und nach gemeinsamen Themen zu suchen. Mythen waren für Campbell Quellen für lebenswichtige Orientierungen, die in der heutigen Zeit mehr und mehr verlorengehen. Durch seine Forschung konnte er viele Motive entdecken, die weltweit in den verschiedensten Kulturen immer wieder auftauchten und für ihn elementare Erfahrungen des menschlichen Lebens speicherten. Zu diesen Motiven gehört unter anderem die Heldenreise.

Über den Alltag hinausgehen

Die Kriegerhaltungen erinnern schon durch ihren Namen an solch eine Heldenreise. Sie werden in einigen Yogastilen auch Helden-Haltungen genannt. Kriegerhaltungen sind energetisch anregende und anspruchsvolle Haltungen. Besonders der Krieger III stellt hohe Anforderungen an Gleichgewicht, Beinkraft und Konzentration. Es ist eine Haltung, die die Übenden aus den gewohnten Alltagsbewegungen heraushebt. Eine Haltung, die Unsicherheit und Instabilität heraufbeschwört. Der Held oder die Heldin muss die gewohnte Umgebung verlassen und sich auf die Ungewissheit eines Abenteuers einlassen. Sie muss Prüfungen bestehen, innere Widerstände überwinden und negative Aspekte anerkennen. Hat sie die Prüfung im Mythos jedoch bestanden – oder eben die schwierige Haltung gemeistert - realisiert sie ihr inneres Potential und geht gestärkt aus der Erfahrung hervor. Bei der Rückkehr bringt sie ihr neu gewonnenes Wissen mit, um es in den Alltag zu integrieren.

Sich selbst besser kennenlernen

Auch wenn eine Yogasequenz natürlich nur einen winzigen Anklang an eine mythologische Heldenreise bieten kann und ganz sicher keine therapeutische Arbeit ersetzt, so haben die Haltungen doch immer einen symbolischen Wert. Sie wirken damit nicht nur stärkend auf den Körper, sondern gleichzeitig auf die Psyche. Wer sich auf die Herausforderungen einer anspruchsvollen Haltung einlässt, lernt sich selbst, seine inneren Widerstände und Schatten besser kennen.

Es ist jedoch ebenso wichtig, sich selbst nicht zu überfordern, sondern die eigenen Möglichkeiten zu respektieren und sich in der ganz eigenen Geschwindigkeit zu entwickeln. Die eigene Yogapraxis kann wie ein "heiliger Raum" genutzt werden oder, wie Joseph Campbell schreibt, "ein Raum kreativer Entwicklungszeit", in dem man einfach ausprobieren und entwickeln kann was oder wer man ist und wohin man sich entwickeln möchte.

"[Sacred space] is an absolute necessity for anybody today. You must have a room, or a certain hour or so, a day, where you don’t know what was in the newspapers that morning, you don’t know who your friends are, you don’t know what you owe anybody, you don’t know what anybody owes to you. This is a place where you can simply experience and bring forth what you are and what you might be. This is the place of creative incubation. At first you may find that nothing happens there. But if you have a sacred place and use it, something eventually will happen." (Joseph Campbell)

Anjali Mudra

Einen ähnlich symbolischen Wert wie die Körperhaltungen können auch Mudras haben. Eine «Mudra» (sanskrit) ist ein «Siegel», eine «Geste» oder ein «Zeichen» und kann entweder eine Handhaltung oder eine Körperhaltung sein. Die Anjali Mudra, die am Beginn und am Ende der folgenden Yogasequenz steht, hat die Bedeutung eines respektvollen Grusses oder einer Geste der Ehrerbietung. In weiten Teilen Asiens wird diese Geste der vor dem Herzen zusammengelegten Hände, zusammen mit einem leichten Verneigen des Kopfes, als Begrüssung verwendet.

Bei uns gebrauchen Yogalehrer die Geste am Anfang oder am Ende des Unterrichts oft mit dem Ausdruck «Namasté», «Ich verbeuge mich vor (dem Licht in) Dir». In Asien versteht man die Geste selbst als Ausdruck des Grusses und es ist nicht unbedingt nötig, sie mit einem Wort zu begleiten.

In der Yogapraxis angewendet, ist die Anjali Mudra eine Geste der Sammlung und steht für ein Zurückkehren zum eigenen Körper, zum eigenen Herzen, zur inneren Erfahrung. Während Du die Hände vor dem Herzen zusammenführst und diese Verbindung der Handflächen bewusst wahrnimmst, verbindest Du gleichzeitig die rechte und die linke Gehirnhälfte, verkörperst die symbolische Verbindung der Gegensätze und erlaubst Dir selbst, in Deiner Mitte zur Ruhe zu kommen.

Quellen

Joseph Campbell – The Hero with a Thousand Faces, Joseph Campbell Foundation, Novato, California, 2008

Joseph Campbell, Bill Moyers - The Power of Myth, Doubleday, 1988

Shiva Rea - What is Anjali Mudra? Yoga Journal, 2007; https://www.yogajournal.com/yoga-101/for-beginners-anjali-mudra


Photo by Wesley Tingey on Unsplash


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"Die Heldenreise"

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