Photo: Milk & Strawberry; Frank Weber, flickr.com
Laktose ist ein Zucker, der in der Milch von Säugetieren und Menschen vorkommt und für die Ernährung von Jungtieren und Säuglingen unerlässlich ist. Da die Verdauungsorgane Laktose nicht als Ganzes verarbeiten können, muss sie durch das Enzym Laktase in Galaktose (Schleimzucker) und Glukose (Traubenzucker) aufgespalten werden.
Wer eine Laktose-Unverträglichkeit hat, dem fehlt das Enzym Laktase, das die Laktose im Dünndarm aufspaltet. Der Milchzucker bleibt unverdaut und zieht einerseits Wasser an, was zu Durchfall führen kann; andererseits kann er auch von Bakterien vergoren werden, so dass Darmgeräusche, Blähungen und Bauchschmerzen entstehen können. Oft wird dieses Phänomen als Leiden oder sogar als krankhaft verstanden.
Tatsächlich ist Laktose-Intoleranz für einen sehr grossen Teil der Menschheit genetisch festgelegt und es ist damit ganz normal, dass die Fähigkeit Milchzucker aufzuspalten, nach den Kindheitsjahren verloren geht, weil das Laktase-Gen abgeschaltet wird. Ungefähr 75% der Weltbevölkerung kann Laktose im Erwachsenenalter nicht mehr verdauen.
In den nördlichen Ländern der Welt sind zwei Genvarianten weit verbreitet, die dafür sorgen, dass Laktose auch von Erwachsenen verdaut werden kann. In den Ländern der südlichen Erdhalbkugel dagegen, kann Laktose von den meisten erwachsenen Menschen nicht mehr verwertet werden, obwohl es auch dort seltenere Genvarianten gibt, die die Verwertung von Milchzucker möglich machen.
Die Fähigkeit, als erwachsener Mensch Milch verdauen zu können, wird von finnischen Forschern mit der geschichtlichen Einführung und Anpassung an die Viehhaltung und Milchkultur erklärt, die etwa 10.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung begann. Mit Beginn der Viehhaltung konnten sich genetische Varianten verbreiten, die die Verdauung von Milchzucker bis ins Erwachsenenalter möglich machten. Trotzdem ist es für einen grossen Teil der Erwachsenen in der Welt weiterhin normal, keine Milch verdauen zu können.
Das Wissen um diese genetische Normalität der Laktoseintoleranz macht es leichter, mit der Situation umzugehen, die ja für Menschen, die es gewöhnt sind, regelmässig Milch zu trinken und Milchprodukte zu essen, zuerst einmal eine Einschränkung bedeutet. Es ist nicht nötig, sich als "anders" oder "leidend" zu empfinden. Denn auch ohne Milch und Milchprodukte ist es möglich, gesund, abwechslungsreich und lecker zu essen.
Nabil Sabri Enattah, et al. - Independent introduction of two lactase-persistence alleles into human populations reflects different history of adaptation to milk culture; American Journal of Human Genetics
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Rejane Mattar, et al - Lactose intolerance: diagnosis, genetic, and clinical factors; Clin Exp Gastroenterol. 2012; 5: 113–121; Published online 2012 Jul 5. doi: 10.2147/CEG.S32368